Ein häufiger Fehler von Anlegern ist es, den Trends hinterherzulaufen: Am bekanntesten wurde dieser Fehler im Januar vergangenen Jahres, als es einen unerklärlichen Hype um die Gamestop-Aktie gab: Ob sich Spekulanten verabredet hatten, die eigentlich wertlose Aktie des Videoverleihers in den USA massenhaft zu kaufen, um Gewinne einzufahren, konnte nie ganz geklärt werden. Aber zwei weitere Entwicklungen rund um den kurzen Gamestop-Rausch stehen fest: Viele Anleger zückten ihr Smartphone und kauften den Titel auch noch, als er völlig überbewertet war. Und verloren viel Geld, weil sie den möglicherweise unter Spekulanten verabredeten Zeitpunkt zum Aussteigen nicht kannten. Ebenso mysteriös war es, dass zwei Neobroker kurzerhand den Handel mit der Aktie einstellten – der Verkauf also auch nicht mehr möglich war. Die Finanzaufsicht ermittelte, konnte aber eine Marktmanipulation durch den Handelsstopp nicht nachweisen.
Für Profis ist der trendgesteuerte Aktienkauf unverständlich
Lauryn Williams, eine in Texas ansässige Finanzexpertin und Gründerin von „Worth Winning“ sieht immer mehr Investoren, die der nächsten heißen Aktie folgen, ohne zu wissen, warum sie sich für eine bestimmte Investition entscheiden – abgesehen von der Tatsache, dass „jemand anderes sagt, dass sie großartig ist“. FOMO ist ein gefährlicher Virus, wenn es um das eigene Geld geht: „Fear of Missing Out“ bedeutet die Angst, einen Trend zu verpassen. Dazu haben im Geldanlagebereich Experten eine klare Meinung. Sie empfehlen, immer eine gründliche Prüfung durchzuführen, bevor man sein Geld in den Markt steckt. Eine andere Möglichkeit ist, passiv über Indexfonds in die Märkte zu investieren und zu beobachten, wie das Portfolio im Laufe der Zeit wächst. Wer diversifizierter Investment- und Indexfonds kauft geht ohnehin ein geringeres Risiko ein, als wenn Aktien eines einzelnen Unternehmens gekauft werden.
Warum hat der digitale Handel nicht nur Vorteile für Anleger?
Verbraucherschützer kritisieren die Hightech-Neo-Brokern zum Teil heftig: Durch ein ausgeklügeltes Nachrichten- und Algorithmus-System bekommen die Nutzer permanent Anregungen, neue Aktien oder zu verkaufen – denn an diesen Handelsaktivitäten verdienen die „Neos“ viele Millionen Euro. An Anlegern, die wie Profis einer Aktie oder einen Fond lange Zeit geben, um sich zu entwickeln, haben Neobroker kein Interesse, mit ihnen kann nichts verdient werden. Aber genau diese Informationen im Sekunden- oder Minutentakt macht nach Meinung kritischer Experten das Investieren und den Vermögensaufbau zur Zockerei und zum Wetten. Der Handel „von überall und jederzeit“ wäre selbst für einen Vollprofi eine Überforderung: Wie soll der Laie erkennen, ob es sich bei dem heftigen Ausschlag eines Aktienwertes um eine Veränderung handelt, die sich nach wenigen Stunden wieder erledigt hat oder sogar ins Gegenteil dreht? Bis zu einem Vierteljahr lang sollte man, so Anlageprofis, gar nicht nach einem Aktientitel im Depot schauen.
Hausbank zu teuer – gibt’s überhaupt Alternativen zu Neo-Brokern?
Die ersten Online-Broker zu Beginn der 00er-Jahre machten mit gravierenden Nachteilen Schluss, die bis dahin den Aktienhandel über die Hausbank bestimmt hatten: Wer bei seiner Bank anrief, um zu handeln, bezahlt(e) hohe Gebühren. Der zweite Nachteil war (und ist es zum Teil immer noch) dass sich Kunden nicht sicher sein konnten, wirklich neutral beraten zu werden. Denn Banken sind an den gehandelten Fonds oft selbst beteiligt und die Höhe von Provisionen für Aktienkäufe sind kaum nachvollziehbar. Zwar müssen diese gesetzlich offengelegt werden, aber die Geschäftsbedingungen sind seitenlang und nicht einfach nachvollziehbar.
Eine erste Alternative zur teuren Hausbank entwickelte sich für private Aktienkäufer mit der ersten Generation von Online-Brokern wie dem Berliner Unternehmen Agora direct (ab 2001): mit feststehenden Transaktionsgebühren, die laut Fachpresse und Verbraucherzentralen simpel und auf einem Blick verständlich sind. Das Unternehmen mit dem eher altmodischen Namen ist relativ unbekannt, aber immer wieder Nummer 1 bei (seriösen und nicht bezahlten) Vergleichs-Tests. In einem vom TÜV überwachten Test von RTL landeten die Berliner vor vier Wochen auf Platz 1, knapp vor flatex und dem Broker-Portal der Sparkassen. Zumindest diese drei Anbieter können einen Blick wert sein, wenn man sich von den Neobroker-Apps nicht zum Zocken verführen lassen will. Denn kostenlos sind diese Angebote garantiert nicht.
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